Nullabsenkung
Barrierefrei ist mehr als stufenlos


Er-Fahrungsbericht von Claudia König

Wechselfälle des Lebens sind nicht voraussehbar, sie sind so wechselhaft wie das Wetter. In beiden Fällen kommt es nur darauf an, was man daraus macht. Man kann deren Folgen abmildern und durch Voraussicht auffangen.


Zur Person:
Claudia König ist Mutter von
zwei erwachsenen Söhnen,
Alexander und Benjamin.


Der 30 jährige Sohn Benjamin lebte in der Familie
und war auf die Nutzung eines Rollstuhls mit
„Assistenz“ angewiesen.


Der Königsweg
Claudia König, Expertin in eigener Sache:
Eingebaute Funkships (RFID-Chips) als elektronische Wegmarkierung an der Uferpromenade von Laveno (Lago Maggiore)

Jeder von uns steht mit >>beiden Beinen<< im Leben. Bei dem Rollstuhlnutzer werden seine Beine durch den Rollstuhl ersetzt!

Jeder sollte sich mit seiner Kompetenz in die Gesellschaft einbringen und ist damit mitverantwortlich für das, was um ihn herum passiert. Dieser Verantwortung sollte sich keiner entziehen. Den Lauf der Welt ein bisschen zu beeinflussen, Verantwortung für etwas und jemanden zu übernehmen, kann eine Lebenserfüllung darstellen. Dadurch wird man zur Stellungnahme, zur Suche nach Wegen >>Überwegen<< und Entdeckungen von Lösungen gezwungen. 

Es gilt, eingefahrene Gleise und Klischees zu verlassen. So abenteuerlich das zunächst klingen mag, so sicher können Sie sich sein, dass es der einzige richtige Weg >>Der Königsweg<< ist.  

Interview Barrierefreier Zugang als "Kasseler T"
zum Hessentag 2008
Auszeichnung durch den Sozialverband
VdK Hessen-Thüringen e.V.


Der Begriff Königsweg steht für eine leichte und doch optimale Problemlösung.
Den Namen Königsweg tragen u.a. folgende Routen:

• ein historischer Reitweg in
Berlin

• ein touristischer
Rundgang durch die
Krakauer Altstadt

• ein deutscher
Wanderweg, der zu dem
von König Ludwig II. von
Bayern errichteten
Königshaus am Schachen
führt

• ein schwedischer
Fernwanderweg in der
historischen
schwedischen Provinz
Lappland


Berlin

Barrieren gibt es im Leben immer wieder, sie gilt es zu bewältigen. Sich selbst Barrieren aufzubauen, wissentlich oder ahnungslos, ist unnötig und muss vermieden werden. Dabei ist es wichtiger, die eigenen Fähigkeiten und Erfahrungen einzusetzen, als einfach nur gegebene Richtlinien zu befolgen.

Ich habe mit meiner Familie die Auswirkungen von vorher nicht erahnten Barrieren erlebt und den Blick für Bedürfnisse von geachteten und geliebten Menschen sensibilisiert, die anders, ja >>besonders<< sind. 

Die Gesellschaft sondert diese Menschen oft gedankenlos aus, indem sie deren Bedürfnisse in Regelwerken, Richtlinien und Bestimmungen nicht bedenkt.

Kassel

Wie sieht die alltägliche individuelle Mobilität in den städtischen und ländlichen Regionen aus, wenn man mit einem Kinderwagen, und mit zunehmenden Lebensalter unseres Sohnes mit einem Rollstuhl seine Lebenssituation meistern muss?

Das bedeutet, immer wieder nach Lösungen zu suchen und bereit zu sein, sich von vorgefassten, vielleicht sogar trandierten Ansichten zu lösen und von den erkannten Bedürfnissen leiten zu lassen.
Die Er-Fahrungen spiegeln sich im Spruch unserer Familie wider: >>Wenn das ganze Umfeld stimmt, kann man auch mit Behinderung umgehen<<.

Der kreativ gestaltende und visionäre Ingenieur ist in diesem Bereich mehr denn je gefragt, denn hier geht es letztlich um das harmonische Zusammenwirken vieler einzelner Bausteine, mit dem Ziel einer möglichst guten Gesamtwirkung.

Gelnhausen, Main-Kinzig-Kreis

Aus meiner Er_Fahrung haben sich bisher ausschließlich Männer, sie haben die Gabe Vorgänge zu verkomplizieren, mit der Frage befasst wie überwinde ich einen Bordstein?

Zur Lösung dieser gestellten Aufgabe gingen (gehen) sie mit unterschiedlichen Ansätzen, Zielsetzungen etc. ans Werk. Bis heute wurde ich aber von keinem dieser Experten um meine Meinung (meinen Mann ausgenommen) zu den Ausführungen als Nutzerin befragt. Dies stimmt mich und unseren Sohn traurig.

Barrierefrei gestalten – eine Er-Fahrung, über die ich immer wieder mit unserem Sohn >>stolpere<<. Die meisten Menschen ahnen gar nicht, wie sehr sich die Wege, die man in einer Stadt nimmt, ändern, wenn man plötzlich einen Rollstuhl schieben muß. 

Jede höhere Bordsteinkante bedeutet eine Barriere, jede Stufe heißt evtl. Passanten um Hilfe zu bitten.
Wie lassen sich Straßenwechsel, Übergänge usw. am besten miteinander verbinden – ohne dabei auf Hindernisse zu stoßen, die für alle anderen keine sind und nicht einmal als solche wahrgenommen werden?

Bei meinen alltäglichen Wegen und Reisen mit meiner Familie treffe ich auf eine Vielzahl von unterschiedlichen Ausführungen von Straßenquerungen, die ich (wir) bewältigen müssen, um unsere Ziele zu erreichen.


Unterschiedlicher können Fußgängerquerungsstellen
nicht ausgeführt sein!


Limburg, Hessen


Kressbronn, Bodensee


Linz, Österreich


Forli, Italien

Stuttgart, Nikolauspflege


Lindau, Bodensee


Graz, Österreich


Piacenza, Italien


Weilheim, Bayern


Bühl, Schwarzwald


Cannobio, Italien


Kaltern, Südtirol


Warum ist es nicht möglich, sich auf einheitliche Ausführungen zu einigen?

Meiner Meinung nach handelt es sich hier um einen sorglosen Umgang von nicht ausgereiften Lösungen von Planern, die nie mit einem Rollstuhl insbesondere mit Assistenz unterwegs waren und für die der Begriff
> Manövrierbarkeit eines Rollstuhls mit dem erforderlichen Platzbedarf
ein Buch mit sieben Siegeln darstellt!